Bildungsreise Senegal

Senegal bewusst wahrnehmen

Wie leben Menschen, die durch Projekte aus Österreich unterstützt werden? Wie funktioniert die Zusammenarbeit mit den Caritas-Partnerorganisationen vor Ort? Bei einer Bildungsreise im Februar 2016 lernten 19 Personen aus Österreich Menschen und Projekte im Senegal kennen. Drei Teilnehmerinnenbeschreiben aus ihren persönlichen Blickwinkeln, was ihnen bei der Reise bewusst wurde.

 

Ulrike Rautner-Reiter, FH-Dozentin Department Soziales, Fachhochschule St. Pölten:

Ich bin seit beinahe 30 Jahren Sozialarbeiterin und habe in dieser Zeit viele Praxisfelder der Sozialarbeit in Theorie und Praxis kennengelernt. Durch strukturelle, gesellschaftliche, demographische und sozialpolitische Veränderungen waren Theorien, Methoden sowie Handlungs- und Interventionsansätze einem stetigen Wandel unterzogen, um den Herausforderungen der neusten Entwicklungen gerecht zu werden. Bis zur Bildungsreise in den Senegal hatte ich mich mit dem Praxisfeld „Internationale Sozialarbeit“ noch nie beschäftigt.

Eine Motivation an dieser Reise teilzunehmen war daher auch das Kennenlernen dieses relativ unbekannten Aufgabenfeldes der Sozialarbeit. Das Kennenlernen der Projekte und die Beobachtung des Umganges der MitarbeiterInnen der Caritas St. Pölten mit den MitarbeiterInnen der Caritas Senegal sowie den ProjektteilnehmerInnen war für mich sehr beeindruckend. Alte Begriffe wie „Fürsorge“ und „Entwicklungshilfe“ gibt es auch in der Internationalen Sozialarbeit schon längst nicht mehr. Ganz im Gegenteil, ich finde es beachtlich, wie sehr man auf Empowerment und das Recht auf Selbstbestimmung achtet. Ressourcenorientierte und lösungsorientierte Ansätze konnten in den
besuchten Projekten aufgezeigt werden. Ich habe die Caritas St. Pölten nicht nur als jene Organisation erlebt, die Spendengelder aus Österreich in den Senegal bringt, sondern vor allem als beratende Organisation für die MitarbeiterInnen der Caritas Senegal. Das natürlich auch Aspekte des Controllings erwähnt werden müssen, steht für mich außer Frage, da die Höhe der Spendengelder ja beachtlich ist.

Trotzdem hatte ich stets den Eindruck, dass Entwicklungszusammenarbeit Begegnung auf gleicher Augenhöhe, wie auch mehrmals von den Caritas MitarbeiterInnen erwähnt wurde, bedeutet. Meine Erwartungen haben sich durch die Reise erfüllt. Es ist tatsächlich gelungen dieses Handlungsfeld kennen zu lernen. Ich konnte feststellen, dass die Prinzipien und Grundsätze der Sozialarbeit, wie ich sie in den letzten Jahrzehnten in Österreich kennengelernt habe, auch für die Internationale Sozialarbeit gelten. Die methodischen Entwicklungen erfolgten auch hier parallel zur Diskussion allgemein gültiger Arbeitsansätze. Ich denke, dass die Projekte der Caritas St. Pölten ein gutes Bespiel für funktionierende internationale Sozialarbeit im Sinne der Entwicklungszusammenarbeit darstellen.


Andrea Kern, Mitarbeiterin der youngCaritas für Bildungsarbeit in Schulen:

Der Bildungsaspekt ist ein wesentlicher Begleiter meiner täglichen Arbeit in der youngCaritas, wo die Sensibilisierung junger Menschen für soziale Themen ein wichtiges Anliegen ist. Die Bildungsreise war somit eine gute Möglichkeit Projekte der Caritas vor Ort kennenzulernen.

In einem Land wie Senegal, wo eine Analphabetenrate von 50,3%, Ernährungsunsicherheit und wirtschaftliches Ungleichgewicht den Alltag stark beeinflussen, ist auch im Bereich der Bildung eine hohe Komplexität an Herausforderungen spürbar. Obwohl von staatlicher Seite eine Schulpflicht vorgesehen wird, ist die Umsetzung nur bedingt möglich. Vor allem in ländlichen Regionen ist der Zugang zu Bildung eingeschränkt. Fehlende Infrastruktur und ein Mangel an qualifiziertem Lehrpersonal machen ein flächendeckendes Angebot schwierig. Des Weiteren können viele Familien ihre Kinder aufgrund der ökonomischen Lage nicht oder nur verkürzt in die Schule schicken. Eine ausgeprägte Überschneidung dieser vielschichtigen Themen wurde für mich - besonders aufgrund meiner Ausbildung zur Kultur- und Sozialanthropologin - sichtbar.

Im Rahmen der Bildungsreise war es mir möglich, die Auswirkungen der Zusammenarbeit zwischen Caritas St. Pölten und den Partnerorganisationen in den einzelnen Regionen direkt zu erfahren. In persönlichen Gesprächen mit BewohnerInnen der besuchten Dörfer  wurden uns immer wieder die positiven Veränderungen mitgeteilt, die durch gemeinsame Projekte  möglich wurden. Die Freude über das gemeinsam Geschaffene war für uns dadurch sichtlich spürbar. Nicht nur der Zugang zu Weiterbildungen in der Landwirtschaft wird geschaffen, auch die Versorgung mit gesunden und wichtigen Nahrungsmitteln sowie weiterführend auch ein bewusster Umgang damit  werden in solchen Schulungen ermöglicht. Viele dieser Begegnungen und Gespräche kann ich nun in meine Arbeit mit Kindern und Jugendlichen mitnehmen, um so die hoffnungsbringende Kraft der Veränderung weiter zu streuen.

 

Hilde Wipfel, Koordinierungsstelle der Österr. Bischofskonferenz für internationale Entwicklung und Mission:

Mit der Vision einer Welt ohne Armut und Hunger, ein Leben in Frieden und mit Rücksicht auf die Natur beschloss die UN Generalversammlung vergangenen Herbst 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung  (SDGs). Die Unterstützung der Caritas für kleinbäuerliche Landwirtschaft im Senegal trägt vor allem zum Ziel 2 „Beendigung des Hungers“ bei. Im Dorf selbstverwaltete „Getreidebanken“ machen die Bauern unabhängiger von Marktpreisen und stellen die Ernährung in Trockenperioden sicher. Die Frauen sorgen durch das Anlegen von Gemüsegärten für ausgewogenere Ernährung und können aus
dem Verkauf ein kleines Einkommen erwirtschaften. Die Caritas ermöglicht Austausch mit anderen Caritas- PartnerInnen, Wissenschaft und öffentlichen Stellen und ermöglicht so gegenseitiges Lernen und Weiterentwicklung der Programme.

Eindrücke von der Bildungsreise

19 Personen machten sich auf den Weg um die Lebensrealitäten von den Menschen im Senegal kennenzulernen und zu erleben.

Aissantun Kandé leitet einen Gruppe von 60 Frauen und 10 Männern im Dorf Mampatin.

Mit einem Brunnen im Dorf können die Frauen Gemüse anbauen und müssen nicht mehr von oft weit entfernten Plätzen Wasser holen.

Tanzen baut Berührungsängste ab und verbindet Kulturen. Die TeilnehmerInnen hatten sichtlich Freude am gemeinsamen Tanz.