Caritas: Mit Kindern und Jugendlichen über den Krieg in der Ukraine sprechen

Seit Ausbruch des Krieges in der Ukraine ist nicht nur die Welt für uns Erwachsene eine andere, auch Kinder und Jugendliche spüren die wachsende Unsicherheit und Angst, die mit dem Thema Krieg einhergeht. Krieg in Europa, im zweitgrößten Land Europas, das nicht mehr als 425 Kilometer von Wien aus entfernt ist.

Die Nachrichten und alle Social Media Kanäle sind voll damit: Sirenen schlagen Alarm, Raketen schlagen ein, die Ukraine steht unter Beschuss, die ersten Menschen mussten ihr Leben lassen. Häuser sind zerstört, Bankfilialen haben geschlossen, die Schlangen vor Supermärkten und an den Tankstellen werden länger. Eine absolut dramatische und unübersichtliche Situation, die für Kinder und Jugendliche noch schwerer einzuordnen ist, als für uns Erwachsene.

Das bestätigt auch Mag. (FH) Margit Schmied MSc, Psychotherapeutin und Familienberaterin bei der Caritas St. Pölten: „Seit Mitte letzter Woche sitzen in der Therapie Kinder und Jugendliche und weinen. Angst, Unsicherheit und Ohnmacht macht sich, so wie auch bei uns Erwachsenen, breit. Probleme in den Familien, enormer Schul- und Ausbildungsdruck, zwei Jahre Pandemie und jetzt Krieg in unserer unmittelbaren Nachbarschaft, das ist schon enorm viel für junge Menschen. Daher ist es jetzt besonders wichtig, dass Eltern und LehrerInnen für sie da sind, mit ihnen sprechen, sie ernst nehmen, unterstützen und begleiten.“

Kinder im Kindergarten und Volksschulalter brauchen besonders kindgerechte Antworten auf ihre Fragen.  Hier ist es ratsam, genau darauf zu achten, was die Kinder konsumieren und bei Bedarf gemeinsam Sendungen anzusehen, die für kleinere Kinder geeignet sind und kindgerecht über den Krieg berichten. Diese können eine wirklich gute Grundlage bieten, um danach darüber zu sprechen und sich bewusst Zeit für Fragen zu nehmen.

Ansonsten ist es wichtig den Alltag weiterhin gut zu gestalten und bei Bedarf gemeinsam mit den Kindern und Jugendlichen Handlungen zu setzen, um dem Gefühl der Ohnmacht entgegenzuwirken, wie z. B ein Gebet für die Menschen in der Ukraine zu sprechen, eine Kerze anzuzünden, Taschengeld für Nachbar in Not zu spenden, gemeinsam zu überlegen wie man den Menschen auf der Flucht sinnvoll helfen könnte oder aber auch seine Solidarität zu bekunden und z.B. am Lichtermeer teilzunehmen.

Jugendliche beziehen ihre Informationen vor allem aus den sozialen Medien, sie sehen zum Beispiel TIKTOK Videos von jungen Menschen aus der Ukraine und Bilder, die sie sich kaum vorstellen können und die sie enorm belasten.

Dazu rät Mag. (FH) Margit Schmied MSc: „Auch Jugendliche sollten mit ihrem Medienkonsum nicht alleine gelassen werden. Gemeinsam das eine oder andere Video anzuschauen und darüber zu sprechen ist hilfreich, aber auch darauf zu achten, dass sie Pausen machen und nicht immer online sind. Jugendliche können auch bereits geographische und geschichtliche Zusammenhänge gut verstehen, weshalb die aktuelle Situation auch in den Schulen zum Thema gemacht werden sollte. Gleichzeitig ist es mir ein Anliegen, dass Schulen und die Bildungsdirektionen Rücksicht auf die nun schon lange andauernden Belastungen der jungen Menschen nehmen und den Druck bei Leistungsbeurteilungen in Ausnahmezeiten minimieren bzw. mehr Freiräume schaffen.

Denn junge Menschen können sich, wenn so viel Schlimmes passiert, nicht immer auf die Schularbeiten und Tests konzentrieren. Sie leiden enorm darunter. Diese Überforderung ist, meiner langjährigen Erfahrungen nach, auch ein gewichtiger Grund, warum es so vielen jungen Menschen psychisch so schlecht geht. Wir müssen unsere Kinder und Jugendlichen schützen, denn sie sind unsere Zukunft!“

Psychotherapeutin und Familienberaterin Mag. Iris Marchart hat hier zusammengefasst 5 Tipps wie man mit Kindern und Jugendlichen über den Krieg redet:

  1. Erklären Sie kindgerecht
  2. Bieten Sie aktiv das Gespräch an
  3. Seien Sie ehrlich und äußern Sie auch eigene Ängste und Befürchtungen
  4. Geben Sie Ihren Kindern Sicherheit
  5. Kommen Sie gemeinsam mit Ihren Kindern von der Ohnmacht ins Tun

Die Caritas St. Pölten bietet speziell für Jugendliche zwei ganz konkrete Initiativen an, die hier ebenfalls unterstützen können:

Open2chat: Begleitung von Jugendlichen für Jugendliche

open2chat bietet die Möglichkeit für Jugendliche, online mit Gleichaltrigen über ihre Sorgen, Fragen und Probleme zu chatten. Antwort erhalten die Jugendlichen dabei von ausgebildeten Begleiter*innen zwischen 16 und 21 Jahren. Der Austausch über Themen, die bewegen wie zB. Schule, Familie, Liebe, Sexualität oder eben auch Krieg ist auf open2chat ganz einfach, kostenlos und völlig anonym.

Natürlich ersetzt open2chat keine Therapie, Beratung, ärztliches Gespräch oder andere Formen von Unterstützung durch speziell dafür ausgebildete Erwachsene. Aber es kann ein erster mutiger Schritt sein, sich einer anderen Person anzuvertrauen. open2chat ist ein Projekt, das gemeinsam mit der Karl Landsteiner Universität und der Pädagogischen Hochschule Niederösterreich ins Leben gerufen wurde und auch wissenschaftlich begleitet und evaluiert wird.

Weitere Infos zum Projekt und zum Chat: https://open2chat.at/

youngCaritas: Soziale Themen für junge Menschen verständlich und erlebbar machen

Die Aufgabe der youngCaritas ist es, komplexe Zusammenhänge für Kinder und Jugendliche erfahr- und begreifbar zu machen. Im Rahmen von altersgerechten und kostenlosen Workshops wird jungen Menschen im Alter von 6-25 Jahren die Auseinandersetzung mit unterschiedlichen sozialen Themenbereichen ermöglicht. Besonders die Workshops „Auf der Flucht“ und „Was ist Frieden?“ schaffen Raum, um für diese Themen zu sensibilisieren und wichtige Fragen zu beantworten.

Darüber hinaus haben junge Menschen die Chance selbst sozial aktiv zu werden und sich für Menschen in Not einzusetzen – aus aktuellem Anlass kann beim LaufWunder, dem Charitylauf der youngCaritas, für humanitäre Hilfe in der Ukraine gelaufen werden.

Mehr Infos zu den Aktivitäten der youngCaritas: https://noe-west.youngcaritas.at/