Tagesmutter – ein Beruf von dem man in NÖ nicht leben kann?

Caritas und Familienverband fordern Aufwertung des Berufes der Tagesmutter und die Anstellung von Tageseltern. Erster Österreichweiter Aktionstag der Tagesmütter und -väter am 7. Oktober 2011 soll über das Berufsbild aufklären.

771 Kinder wurden im Jahr 2010 von 179 Tagesmüttern und 33 Mobilen Mamis der Caritas St. Pölten betreut. „Die Nachfrage ist da, doch es gibt immer weniger Tagesmütter, da man von diesem Beruf nicht leben kann“ betont Ulrike Hofstetter, Leiterin der Caritas Tagesmütter. 3,50 Euro kostet eine Tagesmutter in NÖ durchschnittlich pro Stunde. „Tagesmütter sind neue Selbstständige und müssen selbst für ihre Sozialversicherung aufkommen, wenn sie die Versicherungsgrenzen erreichen. Randzeitenbetreuung, oft nur wenige Pflegestellenbewilligungen und stundenweise Betreuung machen es fast unmöglich als Tagesmutter zu leben“, so Hofstetter.

Lange Zeit galt die Tätigkeit als Tagesmutter als wenig anspruchsvoller Nebenverdienst von Frauen, die selbst Kinder hatten und nebenbei noch ein paar Tageskinder bei sich aufnahmen. „Seit Beginn dieser Form der Kinderbetreuung hat sich der Beruf der Tagesmutter einem professionellen Wandel unterzogen“ berichtet Eva Lasslesberger, Leiterin der Tagesmütter des Familienverbandes der Diözese St. Pölten, „der Zugang zum Beruf ist ein professioneller – nur wer die Standards, wie z.B. psychische Belastbarkeit, kindgerechtes Wohnumfeld, Freude an der Arbeit mit Kindern oder hohe soziale Kompetenz erfüllt, bekommt Zugang zur pädagogischen Ausbildung.“
 „Eltern die diese Form der Betreuung wählen, wissen um die Vorteile von Tagesmüttern“, sagt Josef Grubner, Vorsitzender des Familienverbandes der Diözese St. Pölten, „Im Gegensatz zur Kinderkrippen oder dem Kindergarten verbringt das Kind unter drei Jahren seine Zeit in einer kleinen Gruppe mit familiärer Struktur und vertrauten Tagesabläufen.“ Der Übergang von der Betreuung in der eigenen Familie in die Fremdbetreuung verläuft dadurch besonders schonend. „Auch die pädagogische Betreuung der Kinder ist flexibel und individuell, denn Tageseltern stehen nicht vor der Situation eine Großgruppe von Kindern simultan beschäftigen zu müssen“, so Grubner.

Strukturelle Probleme
Betreuung durch Tagesmütter wird oft nachgefragt und kann oft nicht positiv erfüllt werden. „Ein Problem in Niederösterreich ist die fehlende Kostengleichheit“, sagt Walter Reiterlehner, Bereichsleiter Familie und Pflege in der Caritas, „viele Eltern geben ihre Kinder lieber in Tageseinrichtungen, weil sie günstiger sind bzw. der Kindergarten für Kinder ab 2, 5 Jahren vormittags gratis ist.“ Erst wenn es gleiche Kosten gibt, gibt es auch eine echte Wahlfreiheit der Eltern.

Caritas und Familienverband fordern daher:

  • Die Anerkennung von Bedürfnissen der Kinder und deren Berücksichtigung in der Politik. Besonders Kleinkinder brauchen kleine Gruppen und eine Bezugsperson für ihre gesunde Entwicklung.
  • Echte Wahlfreiheit zwischen einer Betreuung bei einer Tagesmutter oder einer anderen institutionellen Einrichtung. Also eine gleichwertige Förderung der Angebote und daher gleiche Kosten für die Eltern.
  • Aufwertung des Berufes Tagesmutter und daraus folgend die Anstellung von Tageseltern. Die Tagesmutter soll keine Überbrückung, kein Notnagel sein und von ihrem Engagement für Kinder leben können.
  • Erhöhung des Personalkostenzuschusses an die Trägerorganisationen, damit weiterhin professionelle Begleitung möglich ist.
  • Erhöhung des Betreuungsbeitragszuschuss an die Eltern (Beide Zuschüsse wurden in den letzen Jahren trotz Inflation und Teuerung nicht angepasst)

Bei der Pressekonferenz haben auch Margarita Kalteis aus St. Georgen/Steinfeld und Jutta Seferovic aus Haag über ihre Erfahrungen als langjährige Tagesmütter berichtet. Jutta Seferovic lässt sich nun zur Pflegehelferin umschulen, da sie vom „Beruf“ Tagesmutter als Selbständige mit Selbstversicherung nicht leben kann.

Um das Image der anspruchsvollen Tätigkeit der/des Tagesmutter/vaters aufzuwerten, veranstaltet der Bundesverband der Tagesmütter/väter am 7. Oktober einen Österreich weiten Aktionstag in den Städten:
Melk: vor dem Rathaus
Tulln: Einkaufszentrum „Rosenarkade
Krems: Einkaufszentrum „Bühlcenter“
Gmünd: Altstadt
Gföhl: gegenüber der Volksschule, auch mobil in Geschäften,
Purgstall: Einkaufspark Ötscherland
Amstetten: Einkaufszentrum
St. Pölten: Einkaufszentrum Traisenpark
Waidhofen/ Thaya: Altstadt

Caritas Tagesmütter

Familienverband der Diözese St. Pölten