Iloca war ein schönes, verschlafenes Dörfchen, wo die Leute gern hinfuhren, um hier ein paar ruhige Wochen im Sommer zu verbringen. Es liegt etwa 100 Kilometer von der nächsten größeren Stadt Talca entfernt am Pazifischen Ozean. Die blau, rot und gelb bemalten Häuser lagen am Strand, ein Fluss lief vor dem Dorf vorbei, davor eine Sandbank, auf der Menschen lagen und die Sonne genießen konnten. Seit Freitag, 27. Februar 2010 ist alles anders. Das Beben kam um 3.34 Uhr in der Früh und riss die Menschen aus dem Schlaf. "Wir wussten sofort, dass wir jetzt weg mussten", sagt Mavet Rivera, die hier ein kleines Fischgeschäft betrieben hat, vor dem Beben. In jener Nacht nahm sie ihre drei Kinder, sprang in das nächste Auto und fuhr damit den Hügel hinauf.
Dann kam das Meer
Drei Wellen brachen über Iloca herein und zerstörten alles. "Wir hörten im Radio, dass wir keine Angst zu haben brauchen vor einem Tsunami. Zu diesem Zeitpunkt sahen wir gerade die Welle auf unser Haus zukommen", sagt Mavet Rivera verärgert. Die Welle kam von der Seite, riss Mavets Haus von den Pfosten und zerstörte die gesamte Küste. Sie hat den Fluss verschlungen mit der schützenden Sandbank. Heute schlägt der Pazifik hart gegen die kleinen Felsen und den Strand von Iloca. Mavet Rivera steht neben dem Platz, wo einst ihr Haus war und sieht hinaus auf den Ozean.
Neben ihr liegt ein weißer Kühlschrank, der einmal viel Platz in ihrer Küche eingenommen hat. Sie hat ihn gereinigt, aber er funktioniert nicht mehr. Auch ihre alte Stereoanlage liegt im Sand, auch sie funktioniert nicht mehr. In ihren Händen hält sie ein Bild von zwei Pferden, die über einen See galoppieren. Das Bild hat einmal ihre Wohnzimmerwand geziert. "Das wird auch in meinem neuen Haus hängen", sagt sie. Dieses neue Haus könnte von der Caritas gebaut werden. Im Moment evaluieren Teams gerade, welche Projekte konkret in Frage kommen. "Wir konzentrieren uns auf die vernachlässigten Gebiete an der Küste und vor allem in den ländlichen Gegenden, weil bis jetzt noch niemand hier gewesen ist", sagt Jorge Brito, der hiesige Direktor der Caritas.
Erster Prototyp gebaut
Zelte als Schutz werden für dieses Klima nicht ausreichen, deswegen arbeitet die Caritas gerade an einer nachhaltigeren Lösung. Ein erstes Holzhaus, sozusagen der Prototyp, ist gerade in Talca aufgebaut worden. Für 3.500 Dollar bekommt man zwei Schlafzimmer und ein Wohnzimmer mit Kochgelegenheit. Das Haus steht auf Pfosten, damit der Regen nicht zur Tür herein rinnt. Das Zinn-Dach und eine anständige Isolierung schützen ausreichend gegen die frostigen Wintertemperaturen.
Ein Zuhause weit weg vom todbringenden Pazifik
"Es gibt auch eine kleine Veranda", sagt Jorge Brito. "Solche kleinen Details sind wichtig, damit die Menschen sich in diesen Häusern auch zuhause fühlen. Ähnliche Häuser wurden schon beim Erdbeben von 1985 verwendet, die Menschen leben heute noch darin. Man kann das Haus vergrößern, zwei zusätzliche Schlafzimmer anbauen und mit etwas Pflege übersteht das Holz viele chilenische Winter. Die Caritas in der Region rund um Talca denkt im Moment daran, ein paar Tausend solcher Häuser aufzustellen. Junge Freiwillige, SchülerInnen und StudentInnen, werden diese schweißtreibende Arbeit übernehmen. "Wir brauchen jetzt schnell ein Haus, bevor der Winter kommt", sagt Mavet Riva, die immer noch nachdenklich aufs Meer hinausblickt. Eines ist für sie klar: Dieses neue Haus wird nicht mehr dort stehen, wo das alte war, sondern weiter oben am Hügel, weit genug weg vom
todbringenden Pazifik.