„Jetzt aber – so spricht Gott, der
Lebendige, der dich erschaffen hat
und der dich geformt hat: Fürchte
dich nicht, denn ich habe dich
ausgelöst, ich habe dich beim
Namen gerufen, du gehörst mir!
Wenn du durchs Wasser schreitest,
bin ich bei dir, wenn durch Ströme,
dann reißen sie dich nicht fort.
Wenn du durchs Feuer gehst, wirst
du nicht versengt, keine Flamme
wird dich verbrennen. Denn ich,
der Herr, bin dein Gott, ich, der
Heilige Israels, bin dein Retter. …
Weil du in meinen Augen teuer und
wertvoll bist und weil ich dich liebe:
Fürchte dich nicht, denn ich bin mit
dir! Denn jeden, der nach meinem
Namen benannt ist, habe ich zu
meiner Ehre erschaffen, geformt
und gemacht.“
(aus der Bibel, Buch des Propheten Jesaja, Kap 43; gekürzt)
„Mir gehen meine freien Vormittage ab: Die Kinder brauchen mich sehr, um die Schulaufgaben hinzukriegen.“ „Homeoffice ist gar nicht so leicht: kein Drucker, Internetverbindung labil, die Kinder daneben, und jetzt muss ich auch noch kochen gehen – das macht sonst meine Mutter …“ – „Es ist so viel zu organisieren jetzt, ich habe tagelang ständig telefoniert.“
Das sind drei exemplarische Stimmen aus den Gesprächen und Mails der vergangenen Woche. Die Corona-Krise fordert uns alle SEHR. Das zeigt sich oft in den „kleinen“ Dingen, die diese völlige Umstellung unserer Alltagsabläufe mit sich bringen. Und als Caritas leisten wir gerade so viel – mit so viel Engagement und Kompetenz und Solidarität. Das ist großartig! Und es braucht viel Kraft. Im Suchen nach einem Zuspruch für eine belastete Kollegin ist mir der oben abgedruckte Bibeltext vom Propheten Jesaja in den Sinn gekommen.
Der Prophet lässt hier Gott selbst sprechen. Gott spricht sein Volk Israel an und darin jede und jeden Einzelnen. Es ist ein Text, der mir selbst schon oft Trost und Halt gegeben hat. Er erinnert mich daran, dass Gott mich einfach unbändig liebt – egal, was an Herausforderungen gerade da ist, egal, ob ich mich Gott gerade nahe oder fern fühle, egal, ob es sich gerade nach Geliebt-werden anfühlt oder nicht. Immer kann ich mich auf diese Liebe verlassen und darauf, dass im Letzten die Wechselfälle des Lebens mir nichts anhaben können, weil ich in Gottes Hand geborgen bleibe. Selbst wenn nach irdischen Maßstäben nicht alles oder grade gar nichts gut geht. Auch in Zeiten von Covid19 lässt mich diese Gewissheit durchatmen.
Die Erinnerung daran, wie wertvoll ich (und jeder Mensch) in Gottes Augen bin, verschafft mir ein wenig Distanz – diesmal nicht die empfohlenen zwei Meter Abstand zu den Mitmenschen, sondern den nötigen Abstand von allen Aufregungen, allen Nachrichten, allen Sorgen; den Abstand, der mich handlungsfähig bleiben lässt, der mir ermöglicht, wieder Atem und Kraft zu schöpfen; den Abstand, aus dem ich mich auch wieder anderen zuwenden kann, die mich jetzt brauchen. Der Spruch lautet jetzt ja: ich schau auf mich, ich schau auf Dich. Für mich gehört da noch dazu: Gott schaut auf mich und ich darf auf Gott schauen – in einem Moment der Besinnung mitten im Alltag; in einem Stoßgebet, wenn‘s eng wird; im dankbaren Genießen der Sonne im Gesicht; im Blick auf Menschen, mit denen ich verbunden bin; …
Die Fragen der Kinder zu ihren Hausaufgaben, das Essen, das gekocht werden muss, die beruflichen Anforderungen – das alles ist deswegen nicht weg, aber vielleicht gelassener und gestärkter zu bestehen. Ich wünsch uns allen, dass wir fest darauf vertrauen und zumindest ein wenig spüren können, dass Gott mit großem Wohlwollen (und zurzeit sicher auch Stolz) auf uns, seine geliebten Töchter und Söhne schaut. Ich wünsch uns, dass wir in diesem Blick ausruhen können und neue Kraft finden – für heute und morgen. Ich wünsch uns allen Gottes Schutz für uns und unsere Lieben und alle Menschen, die uns anvertraut sind.