Rund 170.000 Menschen, das ist ungefähr jede*r 10. Einwohner*in, sind in Niederösterreich armutsgefährdet. Da belegen die aktuellen Zahlen der Statistik Austria im Rahmen der EU-SILC Erhebung. Österreichweit sind etwa 1,3 Millionen armutsgefährdet, 336.000 Menschen gelten als absolut arm. Vor allem Frauen haben ein hohes Risiko, von Armut betroffen zu sein. Rund ein Drittel aller Alleinerziehenden lebt unter der Armutsgefährdungsschwelle. Für alleinlebende Frauen in der Pension ist das Risiko, in Armut abzurutschen im Vorjahr von 28 Prozent auf 32 Prozent gestiegen.
Sie zahlen die Miete zu spät. Sie drehen die Heizung im Winter ab. Ihre Kinder können nicht am Schulausflug teilnehmen, sie selbst nicht genug essen. An Kino oder gar Urlaub gar nicht zu denken. Die Rede ist von Frauen. Denn Armut in Österreich ist weiblich. Frauen leben häufiger in absoluter Armut als Männer und sind auch vermehrt armutsgefährdet. „Eine Ungleichheit, die sich seit den Krisenjahren verfestigt hat. Besonders betroffen sind Alleinerziehende – rund ein Drittel davon lebt unter der Armutsgefährdungsschwelle – sowie Frauen in der Pension. Für letztere ist das Risiko, in Armut abzurutschen, im vergangenen Jahr sogar noch weiter gestiegen“, erklärt Christoph Riedl, Caritas Generalsekretär für Solidarität und Soziales, im Rahmen der heutigen Pressekonferenz in der Caritas Sozialberatung in St. Pölten.
Ein Umstand, den wir als Caritas auch in unseren Sozialberatungsstellen bemerken. Seit der hohen Inflation bleibt die Nachfrage nach Hilfe und Unterstützung hoch. Auch im Jahr 2025 werden es an die 12.000 Kontakte sein, die wir in unseren Sozialberatungs- und Nothilfestellen in der Diözese St. Pölten verzeichnen. Zwei Drittel der Menschen, die bei uns Hilfe suchen, sind Frauen, fast 20 Prozent sind Alleinerzieherinnen.
Anfragen in den Sozialberatungsstellen bleiben hoch
Aus unserer Erfahrung der vergangenen Monate stellen wir fest: Teuerung, Inflation und hohe Mieten und Energiepreise sind für viele Menschen in Niederösterreich nach wie vor eine große Herausforderung. Und die Zeiten bleiben weiter schwierig. „Strom, Gas, Wärme, Holz, Öl – diese Wörter kommen aktuell in den meisten der oft verzweifelten Anrufe bei der Caritas Sozialberatung vor. Vor allem, wenn es um die Begleichung von Jahresabrechnungen und hohe Nachzahlungen geht“, erzählt Beate Schneider, Leiterin der Caritas Inlandshilfe. „Wenn man sagt, es gäbe keine Armut in Österreich, dann ist das eine Wahrnehmung die wir nicht teilen können. Vor allem die vielen Anfragen von Mindestpensionistinnen und Alleinerzieherinnen machen mich in meiner täglichen Arbeit sehr betroffen. Es sind vorwiegend alleinstehende Frauen, die mit knapp 1.000 Euro im Monat Miete, Energie und Lebenserhaltungskosten stemmen müssen. Wenn wir dann in der Sozialberatung gemeinsam ausrechnen, wie der Lebensalltag zu bewältigen ist, kommt meist eine Null oder sogar eine Zahlungsunfähigkeit heraus“, so Beate Schneider weiter.
Und die Anfragen um Hilfe bei der Caritas bleiben hoch: Zum Stichtag 1. Oktober 2025 gab es in der Sozialberatung und sozialen Rechtsberatung der Caritas St. Pölten im vergangenen Jahr bereits 12.484 Kontakte mit Klient*innen. „Dabei ging es in den Beratungen um Themen wie Existenzsicherung, Energie, Familie und Kinder, Wohnsituation sowie Gesundheit und Bildung. Die Beratungen werden immer komplexer, da es nicht mehr nur darum geht, die Stromrechnung nicht mehr bezahlen zu können, sondern sich auch die Heizkosten, Miete und der ausreichende Einkauf von Lebensmitteln oft nicht mehr ausgehen“, weiß Beate Schneider. Mit rund 2.000 Klient*innen gab es heuer erstmals Kontakt. Insgesamt wurden bereits rund 810.129 Euro an Unterstützungszahlungen für Klient*innen ausgezahlt, das meiste entfiel auf Unterstützung beim Wohnen, Energie und Soforthilfen.
Die Existenzängste sind immer da
„Diese Existenzängste, was kommt am nächsten Tag, wie geht es weiter, werden die Kinder genug zu essen haben... darum kreisen ständig die Gedanken", erzählt Lisa, Klientin bei der Caritas Sozialberatung. Lisa ist über ihre Schwester in Kontakt mit der Caritas Sozialberatung gekommen, allein hatte sie dazu nicht die Kraft. Ausschlaggebend war damals die Trennung von ihrem Mann, denn danach war sie Alleinerzieherin von drei Kindern. Sie musste mit den Kindern umziehen, was mit erheblichen zusätzlichen Kosten verbunden war. Die Alimente waren nicht geregelt. „Das Geld hat hinten und vorne nicht gereicht, für das Heizen war nichts mehr übrig. Ich bin dann mit den Kindern spazieren oder auf den Spielplatz gegangen und habe immer meine zwei großen Taschen dabeigehabt, um Klaubholz zum Heizen zu sammeln", erinnert sich Lisa.
„In intensiven Gesprächen haben wir mit Lisa ihre Lage aufgearbeitet", schildert Caritas Sozialberaterin Beate Wildthan. „Es gab für Lisa Unterstützung beim Ankauf von Holzbriketts zum Heizen und bei offenen Rechnungen. Besonders wichtig war aber auch die psychosoziale Unterstützung, die Klärung der finanziellen Situation und eine Perspektive für die Zukunft zu entwickeln.“ Eine Energiesparberatung erbrachte außerdem weitere Möglichkeiten zur Einsparung beim Haushaltsgeld.
Energiesparberatung zum Senken der Energiekosten
Alte Haushaltsgeräte sorgen oft für eine höhere Stromrechnung, bei geringem Einkommen eine zusätzliche Belastung. Die Caritas bietet daher – gefördert aus den Mitteln des Klima- und Energiefonds des Ministeriums für Wirtschaft, Energie und Tourismus – seit 2023 armutsgefährdeten Menschen eine kostenlose Energieberatung an. Die kostenlose Förderung steht Personen mit geringem Einkommen zur Verfügung. Anspruchsberechtigt sind all jene, die vom Rundfunkbeitrag befreit sind oder einen Heizkostenzuschuss der Länder, Wohnbeihilfe, Sozialhilfe oder Ausgleichshilfe in Anspruch nehmen. „Am häufigsten treffe ich auf Mindestpensionistinnen“, erzählt Caritas Energiesparberater Wolfgang Studeny. „Die Frauen haben ihr Leben lang gearbeitet, oft unbezahlt etwa in Form von Care-Arbeit und wissen nicht mehr wie sie die Stromrechnung bezahlen sollen. Von einem neuen Elektrogerät ganz zu schweigen. Der älteste Kühlschrank, den ich getauscht habe, war 48 Jahre alt.“
Es braucht mehr Hilfe
„Politische Vorhaben wie die Streichung der Familienbeihilfe für Sozialhilfebezieher*innen, der Stopp der Inflationsanpassung von Familienleistungen oder die Erhöhung des Krankenversicherungsbeitrags auch für Mindestpensionist*innen verschärfen die Lage von Frauen zusätzlich. Für uns als Caritas ist daher klar: Wo die Gefahr der Armut steigt, braucht es auch mehr Unterstützung!“, fordert Generalsekretär Christoph Riedl. „Wir begrüßen, dass die Reform der Sozialhilfe jetzt auf Schiene kommt – doch viele Fragen bleiben nach wie vor offen. Gleichzeitig sehen wir mit Sorge, dass einzelne Vorschläge das bestehende soziale Netz schwächen könnten. Es muss sichergestellt sein, dass niemand durch Kürzungen unter das Existenzminimum rutscht. Dazu braucht es konkrete, unterstützende Angebote vor allem für Frauen, die von Armut betroffen sind“, so Riedl.
Am Ende der Pressekonferenz, die direkt in der Sozialberatung der Caritas in St. Pölten stattgefunden hat, erläuterte Generalsekretär Christoph Riedl, dass es diese Formen der Unterstützung durch die Caritas nur geben kann, weil wir als Caritas Spenden erhalten. Daher steht die aktuelle Kampagne der Caritas auch ganz im Zeichen von Frauenarmut mit dem Slogan: Weil’s deine Nachbarin ist, die ihren Strom nicht bezahlen kann.
So hilft die Caritas der Diözese St. Pölten
Die Sozialberatung.Nothilfe der Caritas der Diözese St. Pölten bietet neben der Beratung, Soforthilfen in Form von Lebensmittelgutscheinen, Bekleidungsgutscheine und Unterstützungszahlungen bei Notlagen an. In den Beratungen werden allfällige Rechtsansprüche geprüft und Informationen zu derzeitigen finanziellen staatlichen Unterstützungsmöglichkeiten weitergegeben oder gemeinsam beantragt. Des Weiteren bieten wir auch sozialrechtliche Beratung durch Jurist*innen an. Bekleidungsgutscheine können in den carlas (Caritas Läden) eingelöst werden.
Wir helfen auch jenen, die sich beim Schritt in eine Beratungsstelle schwertun. Der Caritas Wegweiser schafft Orientierung für Hilfesuchende und die Möglichkeit, anonym und unkompliziert zum passenden Hilfsangebot oder direkt zur Online-Sozialberatung zu gelangen: www.caritas-wegweiser.at
In 7 Caritas-Sozialmärkten (soma) ermöglicht die Caritas St. Pölten in Krems, Zwettl, Gföhl, Gars am Kamp, Waidhofen/Thaya, Schrems und St. Leonhard am Forst Menschen mit geringem Einkommen, ihren Lebensmittelbedarf zu decken. Im soma dürfen Menschen einkaufen, die armutsgefährdet sind bzw. unter der Armutsgrenze leben. Ein Einkaufspass berechtigt zum Einkauf in Haushaltsmengen.
Spendenbeispiele
- Mit 20 Euro ermöglichen Sie Kindern eine gesunde Jause in unseren Lerncafés.
- Mit 40 Euro unterstützen Sie den Betrieb unseres Mutter-Kind-Hauses, damit Frauen und ihre Kinder eine sichere Unterkunft haben.
- Mit 100 Euro tragen Sie zu einem Wocheneinkauf für eine Alleinerzieher*in mit
2 Kindern bei. - Mit 150 Euro schenken Sie einem armutsbetroffenen Kind warme Winterkleidung.
- Mit 250 Euro tragen Sie dazu bei, dass armutsbetroffene Menschen ihre Energie- und Mietnachzahlungen begleichen können.
Stromspende gegen Energiearmut
In Österreich nimmt Energiearmut stetig zu: Laut Statistik Austria ist mittlerweile rund jede*r Zwanzigste betroffen – Menschen, die ihre Wohnung nicht ausreichend heizen oder kühlen können, es an geeigneter Beleuchtung fehlt oder alltägliche Haushaltsgeräte wie Herd und Waschmaschine nicht selbstverständlich genutzt werden können.
Die Caritas Stromspende in Kooperation mit Robin Powerhood bietet daher erstmalig Menschen, mit Photovoltaikanlagen oder anderen stromerzeugenden Anlagen wie Wind- oder Wasserkraft, eine einfache Möglichkeit, ihren Stromüberschuss an energiearme Haushalte zu spenden und damit direkt zu helfen. Auch Einrichtungen der Caritas wie z.B. das Caritas Mutter-Kind-Haus und Wohnhäuser für Menschen mit Behinderungen, werden durch die Stromspende unterstützt.
Stromspenden sind von Privatpersonen und Unternehmen möglich. Mehr Informationen unter www.caritas-stpoelten.at/stromspende
Spendenmöglichkeiten zur Inlandskampagne:
Caritas Spendenkonto: IBAN: AT28 3258 5000 0007 6000; Kennwort: Inlandshilfe
Online-Spenden unter www.caritas.at/helfen
Unterstützen kann man online einfach und schnell auch in unserem
Wir helfen-Shop: https://wirhelfen.shop/schenk-muttern-und-kindern-einen-vollen-einkaufskorb/